Ein Interview über Dennis Kellys feministischen Monolog mit Clara Günther und Tina Lebrecht, Schülerinnen des Rotteck-Gymnasiums Freiburg
Der britische Dramatiker Dennis Kelly (*1970) erzählt in seinen Theaterstücken zumeist von der dunklen, abgründigen Seite des modernen Menschen und überprüft und beleuchtet im Zuge dessen unsere gesellschaftlichen Wertesysteme und unsere Ängste gleich mit. In seinem neuesten Theaterstück, dem brillanten Monolog GIRLS & BOYS, widmet er sich dem Verhältnis von Frauen und Männern in unserer heutigen Zeit und stellt dabei patriarchale gesellschaftliche Strukturen grundsätzlich in Frage. Erzählt wird in dem Stück allerdings nur aus der weiblichen Perspektive: Eine junge Frau von heute berichtet von ihrem scheinbar ganz normalen Leben; von ihrer leidenschaftlichen Beziehung zu ihrem Mann, von ihren Kindern, ihrer steilen Karriere in der Filmbranche. Und davon, dass der Familienvater ihrem Erfolg, ihrer Selbstständigkeit und schließlich der Scheidung nicht zu begegnen weiß …
Die zwei Oberstufen-Schülerinnen Clara Günther und Tina Lebrecht des Rotteck-Gymnasiums Freiburg waren Teil des Testpublikums an der Generalprobe von GIRLS & BOYS in der Regie von Eike Weinreich. Die beiden jungen Frauen erwiesen sich als überaus kluge Beobachterinnen, die gesellschaftliche Machtverhältnisse und Geschlechterrollenbilder bereits überraschend genau durchdrungen haben. Dieses Interview zeigt die Perspektive dieser neuen Generation von Frauen auf den Feminismus, sowie auf das Stück und die Inszenierung von GIRLS & BOYS.
Anna Gojer: Liebe Clara, liebe Tina! Bei der Generalprobe von GIRLS & BOYS wart ihr Teil unseres Testpublikums. Mich interessiert euer junger, weiblicher Blick auf diesen feministischen Monolog und auf unsere Inszenierung. Ist Feminismus denn grundsätzlich ein Thema, mit dem ihr euch beschäftigt? Was versteht ihr darunter? Betrifft euch Feminismus?
Würdet ihr GIRLS & BOYS als ein feministisches Theaterstück bezeichnen?
Welche männlichen und weiblichen Rollenbilder habt ihr in dieser Inszenierung gesehen? Spielt die Schauspielerin oder aber die Figur mit diesen Rollenbildern?
Welche Form(en) von Weiblichkeit hat Angela Falkenhan, die Schauspielerin mit ihrer Rolle performt? Konntet ihr euch mit dieser Frau, mit dieser Darstellung von Frau-Sein identifizieren?
Ihr habt jetzt vor allen Dingen die positiven Seiten dieser Figur beschrieben, dass sie stark und selbstbewusst ist, dass sie Schwächen zeigen kann, z.B. in der Kindererziehung, dass sie gleichzeitig aber auch eine Karrierefrau ist und dass sie auch das hinbekommt. Wo seht ihr den Schwachpunkt dieser Figur, oder welches Problem wirft eine solche emanzipierte Frau, die alles unter einen Hut bringen möchte, auf? Gibt es da Probleme?
In GIRLS & BOYS scheint der Mann der Hauptfigur zuerst ein richtiger Traumprinz zu sein: er ist sensibel und schlagfertig, gleichzeitig lustig und unterstützend, aber auch ein Macher! Ein tatkräftiger Mann mit Ideen, offensichtlich strotzend vor Selbstbewusstsein. Diese Beschreibung trifft dann doch noch eine bestimmte Form von althergebrachtem Männlichkeitsbild, oder? Dürfen Männer schwach sein? Sehnen wir uns nicht insgeheim immer noch nach einem starken Mann?
GIRLS & BOYS wurde von einem Mann, von Dennis Kelly geschrieben. Ihr wusstet das vorher nicht. Hat es euch erstaunt?
Das Stück nennt sich GIRLS & BOYS, bewusst in dieser Reihenfolge. Wie oft seid ihr da drüber gestolpert, bzw. ist euch das aufgefallen?